Gesellschaft und Energie




Ergänzungen
Ende 2018: 
Neufassung

Wie reagiert die deutsche Gesellschaft auf die sich abzeichnende Energiekrise?

Der Anlass, dieses Kapitel hinzuzufügen, ergibt sich aus dem augenblicklichen Zustand der deutschen Gesellschaft, welche mehrheitlich glaubt, eine vermeintliche "Klimakrise" bekämpfen zu müssen, durch ihr unüberlegtes Handeln aber wohl demnächst einer "Energiekrise" gegenüberstehen wird.

Eine Unterorganisation  der Vereinten Nationen - das UNFCC mit seinen vom IPCC herausgegebenen Berichten - ist der Organisator einer Reihe von Klimakonferenzen, die sich mit den Folgen der Klimakrise und möglichen Maßnahmen gegen menschliches Fehlverhalten (der vermeintlichen Ursache der Klimakrise) beschäftigen. Die letzte, große Klimakonferenz fand 2015 in Paris statt, sie hat zwar Absichtserklärungen der in der UNO vertretenen Nationen produziert, aber keine verbindlichen Zusagen. Besonders umstritten ist der Artikel 9.5 des Paris-Protokolls1), der die ve-Länder verpflichtet, ab 2020 jährlich 100 Mrd. USD an die we-Länder zu zahlen, damit diese den Folgen der Klimakrise begegnen können. Grundlage für diesen Artikel war die mehrheitliche Ansicht, dass die ve-Länder allein für die Folgen der Klimakrise und daher auch für deren Lösung verantwortlich seien und folglich Reparationen zu zahlen haben.

Dieser Ansicht sind auch viele der weltweit agierenden NGOs2), welche eher auf der Seite der we-Länder stehen und deren Forderungen nach finanziellen Kompensationen demonstrativ vertreten und gleichzeitig den Ausstieg aus den fossilen Energien in den ve-Ländern fordern (und diese damit ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit berauben). Dabei ist dies viel zu einfach gedacht und es zeugt sicherlich nicht von tieferer Einsicht, wenn Forderungen von Organisationen vertreten werden, für welche diese keine Verantwortung übernehmen müssen und deren Realisierbarkeit auch nicht hinterfragt wird. Denn die eigentliche Ursache für viele Probleme in der Welt ist das ungehemmte Anwachsen der Weltbevölkerung, und dieses findet fast ausschließlich in den we-Ländern statt. Seit dem Referenzjahr 1990 wird die Weltbevölkerung bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts um das 1.9fache zugenommen haben, der Ausstoß von Treibhausgasen müsste aber bis dahin um mehr als 47% weltweit reduziert sein, nur um den Status quo zu wahren (siehe hierzu auch das Kap. 5.4). Aber auf die Bedeutung des Bevölkerungswachstums hinzuweisen und Gegenmaßnahmen zu fordern, würde nur einen Sturm globaler Entrüstung erzeugen. Und dieses Unvermögen, die tatsächlichen Ursachen zu benennen, empfinden und verunsichert3) demokratische Gesellschaften in der Welt und bringt die sie tragende Ordnung in Misskredit, bis (und da hat Frau Merkel4) recht) diese Ordnung kollabiert. Zu erkennen an den Wahlergebnissen weltweit, aber auch an Forderungen nach einer  Transformation der bestehenden Ordnung. Aber wie soll diese Transformation, die immer auch eine Transformation der bestehenden Energieversorgungssysteme beinhaltet, bewerkstelligt werden?

Z.B. durch die Hintertür, indem die Klimapolitik zur wichtigsten Aufgabe von Regierungen in den ve-Staaten avanciert, während sie in we-Staaten laut  UN-Umfrage von nur minimaler Bedeutung ist. Die Befürworter dieser Politik (vertreten durch das IPCC) gestehen selbst ein, dass sie damit das Ziel verfolgen, den Wohlstand der ve-Länder in die we-Länder umzuleiten, was wenig mit Klima, aber mehr mit Soziologie zu tun hat. Denn einer der fundamentalen Missgriffe ist sicherlich, dass physikalische Probleme - wie die Energieversorgung - hauptsächlich auf der soziologischen (sprich ökonomischen) Ebene behandelt werden. Es ist unstrittig, dass die Verfügbarkeit von Energie die Basis für wirtschaftlichen Erfolg ist, dessen Wert von Ökonomen mithilfe einer Geldeinheit, meistens USD, spezifiziert wird. Der Zusammenhang zwischen Energie und Geldwert ist aber nicht umkehrbar, d.h. er ist irreversibel. Ein Mehr an Geldwert hat nicht zwangsläufig ein Mehr an Energie zur Folge5). Hier werden wir unmittelbar mit der Existenz von irreversiblen Prozessen konfrontiert, welche sämtliches Geschehen in der Natur dominieren6), und die das Energieproblem auf die Ebene verweisen, in die es gehört, nämlich in die naturwissenschaftliche (sprich physikalische) Ebene. Auf dieser Ebene sind die Kosten für Energie gemäß dem Manuskript Energie4 auch keine Verbrauchskosten (die Energie wird nicht verbraucht), sondern Produktionskosten (die Entropie wird produziert).

Daher stellt sich jedes Energieproblem als ein eigentliches Entropieproblem dar:
Entropieproduktion ist die Voraussetzung für alle irreversiblen Prozesse, eingeschlossen der menschlich verursachten.
Jedesmal entsteht Entropie, wenn die Energie von der einen Form in eine andere Form gewandelt wird. Diese Wandlungsfähigkeit der Energie ergibt ihre eigentliche Bedeutung, denn Energie wird auch in irreversiblen Prozessen nicht verbraucht, sondern ihre Menge bleibt erhalten, sie ändert allerdings ihre Form. Die Natur mit ihren ausschließlich irreversiblen Prozessen ist ein wundervolles Beispiel für diesen Mechanismus, in Kap. 6.2 sind wir darauf eingegangen. In der Geschichte der Erde war dieser Mechanismus für die Entstehung des Lebens verantwortlich und er ist auch bis in die letzte Zeit ohne Folgen für die Umwelt geblieben. Dies muss man als einen einmaligen Glücksfall betrachten, basierend auf der Speicherung der Solarenergie in Form von fossil biogenen Energieträgern.

Während dieses, Millionen von Jahren andauernden Speichervorgangs haben zwei ganz entscheidende Energiewandlungen stattgefunden:
  • Solarenergie wurde in chemische Energie mit ihrer 1016mal größeren Energiedichte (verglichen mit der Solarenergie) gewandelt.
  • Die Energiereserven wurden an zentralen Orten auf der Erde gespeichert, während die Solarenergie (verglichen mit den fossil biogenen Energieträgern) im Wesentlichen über die gesamte Erdoberfläche gleich verteilt ist.
Diese besonderen Eigenschaften der fossilen Energieträger haben in den letzten beiden Jahrhunderten die technische Entwicklung und das industrielle Wachstum initiiert, welche heute noch die Basis für die menschliche Wohlfahrt bilden, und aus denen sich zwei entscheidende Konsequenzen ergaben:
Zum einen garantierten sie, dass in den natürlichen Energie-/Entropiehaushalt nicht direkt und auch nur minimal vom Menschen eingegriffen wurde, wobei sich die Zusammensetzung der Erdatmosphäre um nur 0.005% veränderte. Man sollte sehr vorsichtig sein, diese geringfügige Veränderung als den alleinigen Grund für die Erhöhung der mittleren Erdtemperatur anzusehen. Auf der anderen Seite beeinflusst diese Erhöhung den Energie-, bzw. Entropiehaushalt der Erde unabhängig davon, was die Ursachen für die Erhöhung sind.
Zum anderen gaben sie der Menschheit das Gefühl, dass mithilfe technischer Entwicklungen unsere Energieversorgung auch in Zukunft jederzeit gesichert sei. Diese weit verbreitete Technikgläubigkeit ignoriert völlig die von der Natur gesetzten Grenzen, denen alle technischen Prozesse unterliegen. Welche technischen Entwicklungen sind aber vorstellbar bei dem Versuch, unseren Lebensstandard zu erhalten, auch wenn nur noch die erneuerbaren Energieträger zur Verfügung stehen?
Der fundamentale Unterschied zwischen fossilen und erneuerbaren Energien ist nicht, dass erstere mehr und letztere weniger Treibhausgase erzeugen, sondern dass erstere ausschließlich der menschlichen Gesellschaft zur Verfügung stehen, während die Nutzung der letzteren erfordert, dass sich die Menschheit in den Energie-/Entropiehaushalt der Erde einordnet.
Um es ganz banal zu erklären: Ein Vogel benötigt zum Überleben kein Erdöl, wohl aber die Energie von der Sonne. Die Nutzung erneuerbarer Energien bedeutet daher, dass wir dem Vogel einen Teil seiner Lebensgrundlage entziehen.

Die natürlichen Eigenschaften erneuerbarer Energien sind aber
  • ihre extrem geringe Energiedichte, verbunden mit einem meist sehr kleinen Nutzungsgrad für die Wandlung in ihr Primärenergieäquivalent,
  • ihr dezentrales und zeitlich schwankendes Vorkommen, das i.W. zur Wandlung in elektrische Energie genutzt wird.
Diese mehr fundamentalen Aussagen waren notwendig um zu verstehen, auf welche Energiekrise die deutsche Gesellschaft zusteuert, falls die Klimapolitik ungehemmt fortentwickelt wird. Zunächst der Istzustand, d.h. die Entwicklung der deutschen Energieversorgung von 1990 bis 2017 und welchen Anteil daran die elektrische Energie hatte.


Entwicklung des deutschen Primärenergiebedarfs (PEB, linke Skala) und des Anteils, den die elektrische Energie an seiner Deckung hatte (rechte Skala).
Falls man diese Entwicklungen linear in das Jahr 2035 extrapoliert, so betrüge zu diesem Zeitpunkt der

deutsche Primärenergiebedarf  3.3 PWh/a,
Anteil elektrischer Energie 21% (0.7 PWh/a).

Die lineare Extrapolation entspricht einer natürlichen Entwicklung des jetzigen Zustands.

Zusammensetzung Energieträger, welche zur Versorgung mit elektrischer Energie in Deutschland beitrugen. Es sind dies
1: Steinkohle,      2: Braunkohle,
3: Erdöl,              4: Erdgas
5: Kernenergie,
6: Wasserkraft,
7: Windkraft,        8: Fotovoltaik,
9: Biomasse,          10: Rest.
6-10 entsprechen erneuerbaren Energien (grün), sie entsprachen einem Gesamtanteil von 0.24 PWh/a im Jahr 2017 und müssten 1 PWh/a im Jahr 2035 erreichen.

Die Abbildung rechts zeigt, dass bis Anfang 2018 die Windkraft und Fotovoltaik den größten Anteil an der Versorgung mit erneuerbaren Energien hatten, beide gehören aber zu den  minderwertigen Formen der Energie. Die Biomasse stellt einen höherwertigen Anteil, aber dieser Anteil ist absolut begrenzt: Ihre Nutzung ist klimaschädlich und sie entzieht schon jetzt vielen Menschen in den we-Ländern die Lebensgrundlage. Man sollte sich aber nicht der Illusion hingeben, dass die Verwendung der anderen Formen von erneuerbarer Energie keine Auswirkungen auf das Klima haben werden. Denn wegen ihrer geringen Energiedichte muss ein viel größerer Anteil der Erdoberfläche für die Energiewandlung reserviert werden. Und die Erdoberfläche spielt bei der Ausbildung des Wetters, und damit des Klimas, eine ganz entscheidende Rolle.

Dies sind, kurz zusammengefasst, die Probleme einer zukünftigen Energieversorgung. Und welche Lösungsvorschläge7) hält die derzeitige deutsche Regierung bereit? Sie hat im Jahr 2010 ihre Planungen in einem Energiekonzept offen gelegt und später durch weitere Gesetzesvorlagen ergänzt. Diese beinhalten im Wesentlichen vier Vorschläge:
  1. Die Beschränkung der Restlaufzeiten deutscher Kernkraftwerken bis spätestens 20228).
  2. Der Ausbau der erneuerbaren Energien mit gleichzeitigem Ausstieg aus der Kohlenutzung bis spätestens 2038.
  3. Die Umrüstung des Individualverkehrs von fossilen Treibstoffen auf elektrischen Antrieb bis 2035.
  4. Die Steigerung der Energieeffizienz.
Die Punkte 1 und 2 verlangen, dass der Anteil erneuerbarer Energien an der Elektrizitätsversorgung von derzeit ca. 38% bis 2035 auf ca. 86% steigen muss. Der Punkt 3. fügt einen weiteren Elektrizitätsbedarf von ca. 0.45 PWh/a hinzu, falls der Individualverkehr bis zum Jahr 2035 nicht per Gesetz eingeschränkt werden soll. Dies ergibt, bei natürlicher Entwicklung des Elektrizitätsbedarf (siehe Abbildung oben links) einen Gesamtanteil von ca. 1 PWh/a, den erneuerbare Energien zur deutschen Energieversorgung leisten müssten (dargestellt als grüner Kasten in der Abbildung oben rechts). Und anhand dieser grafischen Darstellung lässt sich vermuten, dass dieses Ziel unter den gemachten Annahmen (natürliche Entwicklung) unerreichbar ist. Auf die Problematik der Nutzung erneuerbarer Energien habe ich in diesen Manuskripten mehrfach hingewiesen (siehe z.B. hier und hier). Die Politik vertraut daher i.W. auf die Machbarkeit des Punkt 4, der gleichbleibenden Wohlstand bei reduziertem Energiebedarf garantieren soll. Dabei gibt es von Seiten der Politik keine klare Definition, was eigentlich mit Punkt 4 gemeint sein könnte.

Nach der in diesen Manuskripten benutzten Definition beschreibt die Energieeffizienz den Schnittpunkt zwischen der soziologischen und der naturwissenschaftlichen Ebene, also zwischen Ökonomie und Physik. Insofern hängt die Entwicklung der Energieeffizienz auch von den Veränderungen auf dem Gebiet der Ökonomie ab, einem Gebiet, das nicht eigentlich ein Gegenstand des vorliegenden Manuskripts ist. Es ist allerdings auch zu vermuten, dass die Politik mit dem Begriff "Steigerung der Energieeffizienz" keineswegs Veränderungen im ökonomischen, sondern hauptsächlich im physikalischen Bereich meint, und diese sind der Gegenstand des Manuskripts. Insbesondere stellt sich dann natürlich die Frage, ob sich die Energieeffizienz  steigern lässt, wenn die fossilen durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Nach meinen Untersuchungen ist eher das Gegenteil zu erwarten: Die Energieeffizienz und damit der Wohlstand wird abnehmen. Aber die Natur des Menschen ist so beschaffen, dass er eher an eine unrealistische Hoffnung glaubt, als die Realität zu akzeptieren.


1) Dieses Protokoll der Pariser  Klimakonferenz verpflichtet die bevölkerungsreichsten Nationen (China, Indien) zu nichts, obwohl sie an den Zahlungen partizipieren. Seit 2017 sind die USA aus dem Protokoll ausgeschieden, wahrscheinlich aus genau diesem Grund.
2) Angebracht wäre wohl eher die Abkürzung NDO, denn diese Organisationen besitzen keine demokratische Legitimation, was sie ganz wesentlich von den Regierungen der ve-Länder unterscheidet.
3) Dazu tritt die Vermutung, dass die Motive der Klimaforscher keineswegs immer so selbstlos und rein wissenschaftlich sind, sondern dass es ihnen eher um den bevorzugten Zugang zu staatlichen Fördermitteln geht.
4) Eine Bemerkung, gemacht auf dem G8 Gipfel von der Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland von 2005 bis ...
5) Wäre dem so, ließen sich unsere Energieprobleme einfach mithilfe einer Gelddruckmaschine lösen. Die absurde Vorstellung, mit mehr Geld könne man mehr Energie "erzeugen", ist im Übrigen der versteckte Ansatz für ein Perpetuum mobile: Mithilfe von Energie erhält man über den Umweg des Gelds noch mehr Energie.
6) Reversible Prozesse sind ein reines Gedankenkonstrukt der theoretischen Physik und werden benutzt, um die Veränderungen der Zustandsvariablen zu berechnen. Dazu gehören z.B. die Erhöhung der Entropie in irreversiblen Prozessen und der damit verbundene Wirkungsgrad solcher Prozesse.
7) Man sollte sich keinen Illusionen hingeben: Diese Vorschläge sind nicht das Ergebnis einer sorgfältigen Analyse aller möglichen Optionen, sondern das Resultat der öffentlichen Meinung in Deutschland. Was und wer beherrscht aber die öffentliche Meinung? Man geht wohl nicht fehl, wenn man die Verantwortung bei der Vielzahl der Medien (TV, Radio, Zeitungen, Internet) sieht, welche als öffentliche Meinung fungieren und sie in subtiler Weise manipulieren, ohne selbst mit allzu tiefen Kenntnissen belastet zu sein. Insofern sich eine Regierung dieser Meinungsbildung unterwirft, verabschiedet sie sich von der ursprünglichen Form der Demokratie (unabhängige Bürger entscheiden in freier Wahl über Erfolg oder Misserfolg ihrer Regierung) und wechselt über zur Form der "Mediatur" (die Medien bestimmen die politischen Ziele einer Regierung). Den Bürgern bleibt dies allerdings nicht verborgen und folglich nehmen sie an den Wahlen nicht mehr teil oder wählen Protestparteien, wie die AfD in Deutschland.  
8) Dass dies unsinnig ist, wird auch von der deutschen Gesellschaft langsam erkannt!