Die Ernährungskrise

Als Folge des Klimawandels, des Wassermangels und der Bodenerosion nimmt die verfügbare Agrarfläche auf der Erde langsam ab. Auf der anderen Seite nimmt die Bevölkerungszahl auf der Erde stetig zu, so dass die Größe der Fläche, welche jeden einzelnen Erdbewohner ernähren muss, sich in Zukunft dramatisch verkleinern wird.

In der Abbildung auf der echten Seite ist gezeigt, wie groß diese normierte Agrarfläche im Jahr 2000 in einzelnen Regionen der Erde war, und wie groß sie im Jahr 2050 nur noch sein wird nach  Prognosen auf der Basis der Entwicklung von Bevölkerungszahlen und Flächennutzung. Demnach wird die Veränderung in Europa sehr klein sein, denn hier bleiben die Bevölkerungszahl und die nutzbare Agrarfläche praktisch konstant. Ganz anders sieht es in Afrika aus, wo im Jahr 2050 nur noch etwa die Hälfte der Fläche für die Ernährung seiner Menschen zur Verfügung stehen wird, wenn man den Vergleich mit der Situation um das Jahr 2000 anstellt. Besonders schlimm sieht es auch in China aus, dessen Bevölkerungszahl zur Zeit etwa 21% der Weltbevölkerung ausmacht, das aber schon heute über nur 7% der nutzbaren Agrarflächen in der Welt verfügt. Am weitaus besten ist die Situation in Nord- und Mittelamerika, dessen Agrarproduktion (meistens Weizen) bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts schon immer so hoch war, dass ein Großteil davon exportiert werden konnte und zur Ernährung der Weltbevölkerung beitrug. Seitdem hat sich viel dort verändert, denn die Weizenproduktion wurde vielfach umgestellt auf die Maisproduktion, um den steigenden Bedarf nach Bioethanol zu befriedigen.



Die Veränderungen der verfügbaren Agrarflächen pro Kopf vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2050 in einzelnen Regionen der Welt. Diesen Veränderungen liegen Schätzungen zugrunde, welche das Anwachsen der Bevölkerungen und die Abnahme der Agrarflächen berücksichtigen. Die stärkste Unsicherheit ergibt sich wohl aus der Entwicklung der Erdklimas, besonders der Temperatur, welche den Ernteertrag beeinflusst: Mit jedem oC sinkt der Ertrag bei Getreidesorten um 16%.
Von der FAO wurde die Situation untersucht und eine drohende Ernährungskrise festgestellt. Ihre Auswirkungen könnten sicherlich dadurch abgeschwächt werden, indem die Agrarflächen für die Nutztierhaltung und die Versorgung mit tierischem Eiweiß insgesamt reduziert werden. Als Ersatz für das dann fehlende Tiereiweiß schlägt die FAO den vermehrten Verzehr von Insekten vor.

Dagegen ist die Abschottung einzelner Länder vom Welternährungsmarkt mithilfe von Zollbarrieren und anderen restriktiven Maßnahmen eines der schlechtesten Mittel zur Krisenvermeidung. Vielmehr sollte der Agrarhandel in der Welt gemäß den Vorgaben der Doha-Runde gefördert werden, durch den besseren Zugang zu Kapital und Infrastruktur sollten besonders die Kleinbauern in den we-Ländern davon profitieren. Mittel- und längerfristig muss die Entwicklung neuer Techniken in der Landwirtschaft intensiviert werden mit dem Ziel, den Ernteertrag pro Fläche deutlich zu erhöhen. Dazu gehört u.a. auch die Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, Schädlingsbefall und Unkraut. Meine Meinung, die aber offensichtlich in der FAO zu kontrovers ist: In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit lassen sich diese Ziele ohne Gentechnik nicht erreichen.

Ein gleichermaßen kontroverser Lösungsansatz bestände in einer verstärkten Düngung mit dem Treibhausgas CO2.
Es ist unbestritten, dass CO2 ein essentieller Grundstoff für das Pflanzenwachstum (Fotosynthese) ist, und dass bis zu einer oberen Grenze der atmosphärischen CO2 Konzentration das Wachstum mit der Konzentration ansteigt, siehe Abbildung rechts. In dieser Untersuchung wird die Stärke der Fotosynthese gemessen mithilfe der pflanzlichen CO2 Aufnahme. Die Grenze und der Anstieg hängen vom Pflanzentyp ab (C3 oder C4), die meisten Pflanzen in den gemäßigten Klimazonen der Welt sind vom Typ C3. Zur Lösung des Ernährungsproblems wäre es daher angebracht, die CO2 Konzentration in der Atmosphäre zu steigern. In der Tat, Satellitenaufnahmen zeigen, dass die Begrünung der Erde zugenommen hat, seit die CO2 Konzentration zugenommen hat. 
Die Abhängigkeit der Fotosynthese von der atmosphärischen CO2 Konzentration bei C3 und C4 Pflanzen. Die Situation um 2018 zeigt die blaue Vertikale.
Deutsche Klimapolitik will aber gerade das Gegenteil: Eine Reduktion der CO2 Emissionen in die Atmosphäre, was die Ernährungskrise verschärfen würde. Zum Glück ist die Bundesregierung seit 2010 damit nicht sehr erfolgreich gewesen, und daher wird 2019 über einen Kohleausstieg verhandelt.

Eine direkte Folge von Klimapolitik, Bodenverknappung und steigendem Nahrungsbedarf ist, dass die Preise für Nahrungsmittel seit 2000 stetig angestiegen sind (siehe Abbildung auf der rechten Seite). Der Anstieg war besonders stark in den Jahren 2002 - 2008, im Jahr der Finanzkrise sind die Preise etwas zurückgegangen, aber seitdem steigen sie weiter. Ebenfalls korreliert mit der Finanzkrise ist die  Abnahme der Preise für die fossilen Energieträger, insbesondere für das Erdöl, dessen Preis seit diesem Zeitpunkt von ehemals 140 US$/bbl bis Anfang 2009 wieder auf 40 US$/bbl gesunken war. Diesem Preisverfall sind die Biotreibstoffe, insbesondere das Bioethanol, gefolgt mit dem Ergebnis, dass die Produktion von Biotreibstoffen auf den verfügbaren Agrarflächen unrentabel geworden ist und viele der damit befassten Firmen Insolvenz haben anmelden müssen. Mit dem Anstieg der Preise für die fossilen Energieträger hat sich auch die Nachfrage nach Biotreibstoffen erhöht und damit die Nachfrage nach Agrarflächen. Besonders  auch dann, wenn die verstärkte Nutzung von Biotreibstoffen ein gewollt politisches Ziel ist, um
1) die gesteckten Ziele des Klimaschutzes zu erreichen,
2) die Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern zu verringern.
Die Folge: Die Nahrungsmittelpreise steigen mit den Erdölpreisen, zumal die Agrarwirtschaft abhängig ist von der Energiewirtschaft.


Die Entwicklung der realen Preise für Nahrungsmittel und Erdöl seit dem Bezugsjahr 1990 (= 100%). Die linke, kleinere Skala gilt für die Nahrungsmittel, die rechte, größere für das Erdöl. Der Preisanstieg des Erdöls war somit etwa 3mal so groß wie der der Nahrungsmittel.

Die Erhöhung der Nahrungsmittelpreise war auch in Deutschland deutlich zu spüren, allerdings hat das nicht zu den Unruhen geführt, welche in Mexiko, Haiti und Ägypten dadurch verursacht wurden. Aber es ist ein Hinweis darauf, was geschehen wird, wenn die Weltbevölkerung mehrheitlich unter Hunger leidet. Man sollte auch nicht verkennen, dass die populistische Forderung nach "Bionahrung" die Auswirkungen der Ernährungskrise nur noch verstärken.

Dies wiederum hat zur Folge, dass Länder mit genügend Kapital , aber nur kleinen nutzbaren Agrarflächen, versuchen, sich der dringend benötigten Flächen in den Ländern zu bemächtigen, wo sie noch vorhanden sind, sei es durch Pacht oder durch Kauf. Man bezeichnet heute bereits dieses Handeln als Agrarkolonialismus, angeprangert werden besonders die Länder auf der arabischen Halbinsel (Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate) und in Ostasien (China, Südkorea, Japan). Diese Länder besitzen inzwischen etwa 8 · 1010 m2 Agrarflächen in fremden Ländern, d.h. ca. 0.5% der verfügbaren Flächen insgesamt. Man kann davon ausgehen, dass diese Flächen sicherlich nicht genutzt werden zur Versorgung der dort lebenden Menschen, welche daher verstärkt unter Hunger leiden werden. Dies muss zu Bevölkerungsaufständen führen, ein gutes Beispiel dafür sind die Unruhen am Ende von 2008 in Madagaskar, bei denen 68 Menschen getötet wurden. Längerfristig gesehen kann man davon ausgehen, dass den Agrarkolonialismus dasselbe Schicksal ereilt wie ehemals den Wirtschaftskolonialismus: Er wird sein verdientes Ende finden.