Erdöl




Ergänzungen
Mitte 2022:
Daten update

Vergleich zwischen Preisentwicklung und Abbau

Die Entwicklung der Erdölpreise seit 1980 bis zum Jahr 2020 wurde der von der BP1) herausgegebenen Statistik des Weltenergiebedarfs entnommen. Für die Umrechnung wurde folgende Formel benutzt:
1 Barrel Erdöl entspricht einem Energieinhalt von 1.580 · 103 kWh.

Der Erdölabbau wurde in Energie2 mithilfe der Wachstumsfunktion parametrisiert, die dafür benutzten Parameter sind:
= 23 a , R = 0.41

Im Bild rechts ist der Erdölabbau als blaue Kurve gezeigt. Von allen fossil-biogenen Energieträgern besitzt das Erdöl die geringsten noch verbleibenden Reserven, bereits um das Jahr 2010 sind diese Reserven nach den Analysen in Energie2 bis zur Hälfte abgebaut und noch im 21. Jahrhundert werden sie fast vollständig erschöpft sein. Dem entsprechend weist die Entwicklung des Erdölpreises in dem betrachteten Zeitraum starke Schwankungen aus. Da war zunächst ein starker Anstieg des Erdölpreises um das Jahr 1980 zu beobachten, der von der Revolution im Iran ausgelöst wurde, bei der das Regime des Schah von einer islamistischen Regierung abgelöst wurde. Ursache für den Anstieg war offensichtlich die Befürchtung, dass die Revolution auf den gesamten Nahen Osten übergreifen könnte.

Entwicklung des Erdölabbaus (gestrichelte Kurve, rechte Skala) und der Erdölpreise (ausgezogene Kurve, linke Skala).Die gestrichelte Gerade zeigt die Preistendenz für die letzten 41 Jahre.
Danach sank der Erdölpreis wieder, allerdings nicht auf das Niveau von vor 1970. Ein weiterer rasanter Anstieg des Erdölpreises fand seit Beginn des Jahrs 2005 statt mit einer kurzen Unterbrechung im Jahr 2009 aufgrund der Finanzkrise. In den Jahren 2011-2012 erreichte der Erdölpreis mit im Mittel 111 USD bbl-1 seinen Höhepunkt. Seitdem ist er zwar wieder zurückgegangen (verursacht durch die steigende Förderung von unkonventionellem Öl aus Schiefergestein), aber der Wert von ca. 71 USD bbl-1 im Jahr 2021 lässt wenig Hoffnung auf einen Preis von unter 20 USD bbl-1, charakteristisch für die Zeiten vor 2000 (wenn man von der iranischen Revolution absieht). Das würde bedeuten, dass der Erdölpreis seit 1980 zwar langsam, aber stetig gestiegen ist (mit starken Aussschlägen2) nach oben und unten) und damit etwa der Abbaukurve gefolgt ist.

Die hohe Volatilit
ät des Erdölpreises hat seine Ursache sicherlich auch darin, dass Erdöl der am leichtesten zu verarbeitende fossile Energieträger ist - jede Veränderung auf diesem Markt hat unmittelbare Konsequenzen für den Erdölpreis. Und einer dieser Veränderungen ist, dass die Quellen des konventionellen Erdöls langsam versiegen.

Das ist z.B. zu erkennen an den F
örderquoten für Nordseeöl, die in der Abbildung rechts gezeigt sind. Die Förderung erreichte um etwa 1995 ihr Maximum, seitdem ist sie stetig zurückgegangen: Bis 2022 waren mehr als 90% der vorhandenen Reserven gefördert.

Zeitliche Entwicklung der Erdölförderung in Europa nach einer Publikation des IWR.
Natürlich muss die Abnahme der Ölförderung in der Nordsee zur Folge haben, dass die Abhängig Europas (EU-27)  von Erdölimporten weiter zunimmt und in absehbarer Zukunft 100% erreichen wird.

Nicht viel besser sieht es zunächst aus mit der Lage der Erdölförderung in den USA, siehe Abbildung rechts. Allerdings erstreckte sie sich über einen viel längeren Zeitraum von 1860 bis 2020. Das absolute Fördermaximum wurde zwischen 1970 bis 1975 erreicht, seitdem sinkt die Förderung wieder, ähnlich wie im Fall des Nordseeöls, siehe Abbildung darüber. Um beide Abbildungen vergleichen zu können:
1 PWh entsprechen 67 Mt Erdöl.
Aus dem Vergleich wird deutlich, dass die Erdölreserven der USA vielfach größer waren als die europäischen und auch weiterhin sind. Außerdem steigt die Erdölförderung in den USA seit 2010 wieder an, verursacht durch die Ausbeutung der Schieferölvorkommen. Nach meinen Definitionen handelt es sich dabei nicht um "Erdöl", sondern um einen unkonventionellen Energieträger, der in einem anderen Kapitel behandelt wird.

Zeitliche Entwicklung der Erdölförderung (blau) in den USA. Der Anteil des Schieferöls ist hellblau.

Ob die Abnahme der Erdölförderung tatsächlich dem gezeigten Trend (gestrichelter Pfeil in der Abbildung oben) folgt, hängt ab von der Preisentwicklung der unkonventionellen Energieträger. Denn es ist eine offene Frage, wie mächtig die Schieferölvorkommen wirklich sind und wie lange und wie viel sie zur Erdölversorgung der USA beitragen werden. In einem Extrakapitel werde ich diese Frage diskutieren und das Ergebnis ist eher ernüchternd. Trotzdem wird in der Öffentlichkeit von den Medien der Eindruck erweckt, allein die Erdölförderung in den USA könnte in Zukunft die von Saudi-Arabien übersteigen und Nordamerika dann sogar Erdöl exportieren. Von den oben gezeigten Daten wird diese Prognose nicht gestützt. Meiner Meinung nach basiert sie auf einer Überschätzung der unkonventionellen Energieträger.

Die eigentliche Frage ist natürlich, ob die Erdölförderung auf der Welt insgesamt ihren Höhepunkt bereits überschritten hat.  Manche vermuten, dass dies in der Tat im Juli 2008 geschehen ist. Anzeichen dafür sind die jährlichen Fördermengen3) seit dem Jahr 1980, welche in der Abbildung rechts mit prognostizierten Entwicklung gemäß der Prognose 2 verglichen4) werden. Die Anteile aus unkonventionellen Quellen sind von den Fördermengen subtrahiert worden.

Insbesondere im Jahr 2020 - dem Jahr des Ausbruchs der Corona-Pandemie - sank die
Erdölförderung stark, verursacht wahrscheinlich durch die Abnahme des wirtschaftlichen Wachstums und des Erdölpreises (siehe Abbildung oben). Man sollte auch bedenken, dass die  Erdölförderländer (insbesondere Saudi-Arrabien) seit 2008 ihre Förderung bewusst manipulieren, um mithilfe der Fördermengen den Erdölpreis zu beeinflussen. Dass diese Frage so schwer zu entscheiden ist, liegt auch daran, dass nur ungenaue Aussagen darüber vorhanden sind, wie viel Erdöl auf der Arabischen Halbinsel noch lagert und als förderungswürdig gelten.


Die global geförderten Erdölmengen, verglichen mit der Voraussage der  Wachstumsfunktion. Nach einer Analyse sind die Fördermengen des konventionellen Erdöls seit 2005 im Mittel konstant bei ca. 42.5 PWh/a geblieben (hellgrüner Strich in der Abbildung).
Die Abweichung zwischen dieser Analyse und den Daten entspricht einem Faktor von ca. 1.2, also der Diskrepanz3) zwischen den Daten von EIA und BP.

Ist das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage tatsächlich die Ursache für den Preisanstieg beim Erdöl, dann kann nicht damit gerechnet werden, dass der Erdölpreis je wieder auf das Niveau von vor 2000 zurückgeht, wie auch die Preistendenz verdeutlicht, die in der Abbildung oben gezeigt ist. Vielmehr ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass der Erdölpreis weiter ansteigt, ganz im Sinne der OPEC-Staaten, deren Wirtschaft
heute noch übermäßig stark von einem hohen (> 70 USD/bbl) Erdölpreis abhängt. Ihr Versuch, den Preis durch Verknappung zu erhöhen, ist bisher allerdings fehlgeschlagen - das USamerikanischen Schieferöl hat jedesmal die Lücke gefüllt.

Insgesamt betrachtet war der Erdölpreis pro Energieeinheit (kWh) in der Vergangenheit schon immer der höchste von allen fossilen Energieträgern. Dies liegt sicherlich an der schon immer vorhandenen hohen Nachfrage nach Erdöl, die sich aus den geringen Aufwand für den Abbau, den Transport und die Veredelung von Erdöl ergibt. Verantwortlich ist auch die Tatsache, dass Erdöl bisher den Hauptenergieträger bei den Aufgaben Mobilität und Raumwärme bildete, die beide für fast 50% des Primärenergiebedarfs verantwortlich sind.



1) BP 2022 enthält die Preise für Rohöl der Sorte Brent in USD(2021) zwischen den Jahren 1861 und 2021 einschließlich.
2) Politiker machen häufig auch Spekulanten für die Preisausschläge verantwortlich. Aber diese sind sicherlich nicht die primäre Ursache, denn Spekulation kann nur dort entstehen, wo ein Gut auch wirklich real knapp wird.
3) Die EIA-Daten zur Erdölförderung unterschieden sich bis 2015 von den BP-Daten um einen Faktor 1.2. Ich habe sie jetzt (2018) entsprechend korrigiert. Alle Daten enthalten, neben dem Schieferöl und den Ölsänden, einen Anteil von Gaskondensaten ("lease condensates"), der eigentlich auch den unkonventionellen Energien zugerechnet werden müsste. Die damit verbundenen Schwierigkeiten beruhen auf der Tatsache, das Gaskondensate eine geringere Energiedichte besitzen als Erdöl. Dem entsprechen die Unsicherheiten in den Angaben zur Energiedichte von Erdöl: Hier wird diese z.B. mit 1.699 · 103 kWh bbl-1 angegeben, während ich 1.580 · 103 kWh bbl-1 verwende.
4) Die prognostizierten, jährlichen Erdölfördermengen ergeben sich aus dem Differentialquotienten  der  Wachstumsfunktion nach der Zeit. Dabei entspricht das Fördermaximum von ca. 5 · 1013 kWh a-1 in etwa dem prognostizierten Wert.