Die Entwicklung des Primärenergiebedarfs in den USA

In diesem Abschnitt wird die Entwicklung der USamerikanischen Energieversorgung seit 1990 verfolgt. Dies ist besonders interessant in Bezug zur deutschen Energieversorgung, die ich im Kap. 3-1-1 für den gleichen Zeitraum und mit ähnlichen Methoden untersucht habe. Im Fall der USA habe ich ausschließlich die Daten der "Energy Information Administration" (EIA) verwendet, welche ebenfalls das Primäräquivalent (PEB) der erneuerbaren Energien (ernb) veröffentlicht und als Einheit die thermische Energieeinheit Btu wählt anstelle von kWh, der gebräuchlichen Einheit der elektrischen Energie. Das bedeutet, dass im Fall der USA die Korrekturen mithilfe der Substitutionsmethode nicht mehr erforderlich sind. Das hat z.B. zur Folge, dass sich die Daten des EIA und der BP, besonders bei den erneuerbaren Energien, um fast 50% unterscheiden.1)

Es folgen die Tabelle und die entsprechenden grafischen Darstellungen.

Jahr
PEB
(PWh/a)
ernb
(PWh/a)
1990
24.2
1.77
1991
24.3
1.78
1992
24.6
1.71
1993
25.2
1.78
1994
25.7
1.75
1995
26.3
1.92
1886
27.2
2.06
1997
27.4
2.06
1998
27.4
1.90
1999
27.8
1.91
2000
28.6
1.79
2001
27.9
1.51
2002
28.4
1.68
2003
28.5
1.74
2004
29.2
1.78
2005
29.2
1.83
2006
29.1
1.83
2007
29.6
1.91
2008
29.1
2.10
2009
28.0
2.23
2010
29.1
2.39
2011
29.0
2.68
2012
28.3
2.59
2013
29.2
2.77
2014
29.5
2.85
2015
29.2
2.82
2016
29.2
3.01
2017
29.4
3.23
2018
30.6
3.44
2019
30.3
3.33
2020
28.1
3.40
2021
26.5
3.56
2022
27.9
3.90
Die Entwicklung des USamerikanischen PEBs und welchen Anteil erneuerbare Energien daran hatten.




Der USamerikanische PEB seit 1990 und aus welchen Quellen er gedeckt wurde.

Die Abbildung oben zeigt die Entwicklung des USamerikanischen PEB und welche Energiequellen genutzt wurden. Zunächst ist ganz offensichtlich: Der PEB in den USA ist nach 2001 etwa konstant geblieben bei ca. 29 PWh/a und damit etwa 6.5mal größer als der PEB in der BRD vor 2001. Die jeweiligen Bevölkerungszahlen unterscheiden sich aber um einen Faktor 4.2 und damit benötigt jeder USamerikaner mindestens 50% mehr Energie für seinen Lebensstandard als ein Deutscher, mit steigender Tendenz.

Ausdruck dieser Tatsache ist, dass die USA eine geringere Energieeffizienz e_e besitzen als Deutschland, ganz unabhängig davon, ob man diese mithilfe der Währungs- oder Kaufkraftparitäten berechnet. Und dies würde ich nicht als Vorteil der deutschen Energieversorgung sehen, sondern eher als Nachteil: Denn wie alle ökonomischen Größen kann auch e_e nicht beliebig wachsen, und das Wachstumspotential für e_e ist in den USA höher als in der BRD.

Betrachtet man die Energiequellen, so ergeben sich zwischen beiden Staaten keine großen relativen Unterschiede. Am auffallendsten ist, dass der Beitrag erneuerbarer Energien in der BRD relativ viel stärker zugenommen hat als in den USA. Dies ist den deutschen Subventionen geschuldet und nicht, wie wir gleich sehen werden, natürlich bedingt. Denn zunächst einmal haben Wasserkraftwerke (WKW) in den USA schon immer eine viel größere Bedeutung besessen als in der BRD. Der Nachteil ist, dass das Ausbaupotential von WKW praktisch erschöpft ist - man wird in Zukunft keinen großen Zuwachs an Wasserkraft sowohl in den USA wie in der BRD erwarten dürfen. Ähnliches gilt übrigens auch für die Nutzung von Biomasse. Die Zuwächse kann man eher erwarten bei dem Ausbau von Windkraft und der Fotovoltaik, und bei beiden Energiequellen besitzen die USA natürliche Vorteile gegenüber der BRD, wie wir gleich sehen werden.

Die Vorteile werden evident, wenn in der Abbildung rechts dargestellt ist, aus welchen Quellen die Nutzung erneuerbarer Energien in den USA gespeist wird. Wie in Deutschland stellt sich heraus, dass auch in den USA die Biomasse bisher einen ganz wesentlichen Beitrag geliefert hat. Und zwar hat über die gesamte Zeitperiode von 32 Jahren ihr Anteil bei mehr als 40% gelegen, erst seit 2005 nimmt dieser langsam ab. Die Entwicklung der Wasserkraft verläuft sehr ähnlich, beide entsprechen der Erkenntnis, dass Biomasse und Wasserkraft ihr Ausbaupotential erreicht haben. Die Lücke wird gefüllt durch den Ausbau von Windkraftanlagen (WKA) und Fotvoltaikanlagen (PVA). Aber deren relativer Ausbau geschieht, verglichen mit Deutschland, langsamer.

Und das ist verwunderlich! Denn die zugehörigen Kapazitätsfaktoren sind in den USA größer als in der BRD:


Die Beiträge erneuerbarer Energien in den USA seit 1990. Weiter unten wird erläutert, in welchen Energieformen erneuerbare Energien gewandelt wurden. Es ist:
Biom=Biomasse , Wind=WKA , PV=PVA , Hydro=Wasserkraft ,  Geo=Geothermie.

Wandlungstechnologie
Biomasse (BMA)
0.61
Wasserkraft (WKW)
0.37
Windkraft (WKA)
0.36
Fotovoltaik (PVA)
0.25
Die Kapazitätsfaktoren  der erneuerbaren Energien, die in den USA im Jahr 2022 für die Wandlung in andere Energieformen  erreicht wurden.
Diese Werte habe ich den Energiedaten der EIA(Tabelle 6.07.B) entnommen. Sie verändern sich nur wenig von Jahr zu Jahr, weil sie i.W. durch die meteorologischen Gegebenheiten in den USA bestimmt sind - der postulierte Klimawandel spielt dabei keine wesentliche Rolle.
Warum also werden WKA und PVA in den USA nicht schneller ausgebaut? Die Gründe kann man anhand der Lage erkennen, in der sich die deutsche Energieversorgung befindet: Der (subventionierte) Ausbau von WKA und PVA erhöht die Energiepreise und vermindert damit die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Und ich vermute, diese Zusammenhänge sind den USA viel bewusster, während sie in der BRD (noch) nicht wahrgenommen werden, wo man eher staatlichen Regulierungen vertraut.

Auch im Jahr 2022 stellte die Biomasse immerhin noch einen Anteil von 38.1% der erneuerbaren Energien. An ihrer Wandlung in andere Energieformen hat sich aber gegenüber 2020 nicht viel verändert - es gilt weiterhin, relativ zu allen erneuerbaren Energien:
Biomasse
(elektrisch):
0.5%

(thermisch):
31.9%

(chemisch):
6.8%
Der Beitrag der Biomasse zur USamerikanichen Elektrizitätsversorgung ist mit 0.5% extrem gering, dafür hat der Beitrag aus Windenergie zugenommen - eigentlich begrüßenswert, wenn nicht ersterer grundlastfähig wäre und letzterer nicht! Der Beitrag der Biomasse zur Wärmeversorgung (vermutlich in der Form von Holzpellets) steigt langsam an - ein Beispiel für die Vergeudung erneuerbarer, aber speicherfähiger Energie. Und der Beitrag zur Kraftstoffversorgung (chemisch) ist fast 5mal geringer als der thermische Beitrag. Aber das ist für die USA von nur geringer Bedeutung, da sie genügend Reserven an unkonventionellen, fossilen Energieträgern besitzen.

Die anderen Beiträge zum PEB sind sehr viel schwächer, insbesondere der der Fotovoltaik ist mit 1.6% weiterhin extrem gering, obwohl die USA große Wüstengebiete besitzen und der zugehörige Kapazitätsfaktor einen relativ hohen Wert besitzt (siehe Tabelle oben). Die USA sind für diese Wandlungstechnik weitaus besser positioniert als die BRD!

Ganz allgemein sind die USA ein Land, dessen natürliche Grundlagen es erlaubten, eine Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien leichter durchzuführen, als in der BRD. Und trotzdem erfolgt diese Umstellung sehr langsam, wie sich aus der Abbildung rechts ergibt, welche das Verhältnis R der erneuerbaren Energien (ernb) zum gesamten Primärenergiebedarf (PEB) darstellt: R = ernb/PEB. Und dabei wird eine merkwürdige Übereinstimmung deutlich: Wie in der BRD hat auch in den USA der Zuwachs an ernb erst ab dem Jahr 2001 wirklich eingesetzt. In der BRD war der Anlass die Einführung des EEG, in den USA existiert ein ähnliches Gesetzt nach meiner Kenntnis nicht. Und daher existiert auch keine gesetzliche Vorgabe, wie groß R im Jahr 2050 zu sein hat. Die lineare Regression an die Daten ergibt einen Wert R = 0.22 ± 0.03. Und das ist wesentlich kleiner als der Wert R = 0.37 ± 0.03, der sich für die BRD ergibt.

Die Entwicklung des R-Verhältnisses (R = ernb/PEB) sei 1990.  Die schwarze Gerade ab 2001 zeigt die lineare Regression der Daten bis 2050 samt doppelter Standardabweichung (graue Fläche).

Die Gründe für diesen zögerlichen Ausbau erneuerbaren Energie habe ich bereits oben geschildert: Es sind die mit dem Ausbau verbundenen Kostensteigerungen beim Bezug von Energie. Und damit behalten die USA ihre wirtschaftliche Vormachtsstellung in der Welt, während Deutschland auf dem besten Weg ist, seine hochrangige Stellung zu verlieren.


1) Dies ist ein Hinweis darauf, dass die BP für ihre Berechnungen wahrscheinlich die Wirkungsgradmethode (Primär- und Endenergie werden gleich behandelt) wählt. Denn die Anwendung der Substitutionsmethode verlangt eine detaillierte Kenntnis der Wirtschaft eines Staats.