Der Brayton-Kreisprozess




In diesem Kapitel soll ein Kraftwerkskonzept der Fa. NETPOWER vorgestellt werden, das auf dem Joule-Kreisprozess basiert, der in der englischsprachigen Literatur als Brayton-Prozess bezeichnet wird. Man kann nicht behaupten, dass dieses Konzept wirklich neuartig sei und eine zukünftige Energeiversorgung auf vollständig neue Füße stellt. Aber dieses Konzept kann u.U. dabei helfen (wegen des großen Wirkungsgrads), die von Wärmekraftwerken emittierten CO2 Emissionen zu reduzieren und für eine Speicherung besser vorzubereiten (weil die CO2 Abscheidung entfällt).

Die Nutzung von fossil-biogenen Treibstoffen in konventionellen Kraftwerken hat zwei gravierende Nachteile:
  1. Die Verbrennung erfolgt in Luft, was bedeutet, dass die CO2 Abgase nach der Verbrennung in einem aufwändigen Verfahren von den anderen Verbrennungsprodukten getrennt werden müssen.
  2. Die Wandlung der thermischen Energie in mechanische Energie benutzt als Treibmittel Wasserdampf und erfolgt im Koexistenzbereich von flüssiger und gasförmiger Phase. Das bedeutet, der Wirkungsgrad derartiger Anlagen ist gemäß der thermodynamischen Gesetze beschränkt, weil die erlaubten Temperaturen T und Drucke P beschränkt sind (siehe energie2).
Die technische Entwicklung von neuen Werkstoffen erlaubt heute aber die Nutzung von Treibmitteln bei wesentlich höheren Werten von T und P, wodurch auch der Wirkungsgrad des Kraftwerks gesteigert wird. Außerdem kann, und auch das ist kein wirklich neuartiger Vorschlag, Erdgas CH4 in reinem Sauerstoff O2 verbrannt werden, so dass bei der Verbrennung nur CO2 und H2O entstehen, die sich ohne Aufwand trennen lassen.

Das Konzept der Fa. NETPOWER besteht darin, dass CO2 aus der Verbrennung auch als Treibmittel für eine Gasturbine zu verwenden und die Anlage im überkritischen Bereich von CO2 zu betreiben, d.h. bei Gastemperaturen T > Tc (31 oC) und Gasdrucken P > Pc (73.8 bar). Vorgeschlagen werden eine Temperatur T = 550 oC und ein Druck P = 200 bar, der thermodynamische Kreisprozess soll dem Brayton-Kreisprozess nachgebildet werden, siehe Abbildung rechts. Daraus wird ersichtlich, dass der Kreisprozess nicht total geschlossen ist: Nur ein Teil des CO2 wird komprimiert, erhitzt und wieder in die Turbine geleitet. Der andere Teil kann, unter hohem Druck, weiter verwendet werden, entweder zur Speicherung oder zur Wiederöffnung von bereits geschlossenen Ölquellen.


Schematische Darstellung einer Wärmekraftmaschine nach dem (nicht geschlossenem) Brayton-Kreisprozess

Ähnlich wie der Carnot- oder Otto-Prozess besteht auch der Brayton-Prozess aus 4 Einzelschritten:

1. Isobare Erwärmung
T1 -> T2
2. Adiabatische Depression
P2 -> P3
3. isobare Abkühlung
T3 -> T4
4. Adiabatische Kompression
P4 -> P1

Diese Prozessschritte sind rechts sowohl im P-V wie auch im T-S Diagramm dargestellt.

Darstellung des Brayton-Prozesses im P-V Diagramm

Darstellung des Brayton-Prozesses im T-S Diagramm

Der Brayton-Prozess ist dem Otto-Prozess sehr ähnlich, sie unterscheiden sich nur in den Schritten 1 -> 2 und 3 -> 4, die bei letzterem nicht isobar, sondern isochor erfolgen. Entscheidend für den thermodynamischen Wirkungsgrad  des Brayton-Prozesses ist daher die Druckveränderung P2/P3 = P1/P4 längs der adiabatischen Zustandsänderungen, während es für den Otto-Prozess die Volumenveränderung V2/V3 = V1/V4 ist. Man erhält für den Brayton-Prozess
= 1 - (P3/P2)(-1)/,
wobei der Adiabatenkoeffizient von CO2 ist.

Der Wert von verändert sich leicht mit der CO2 Temperatur, für Temperaturen T > Tc beträgt er etwa = 1.25. Unter diesen Bedingungen wäre im Idealfall (P2/P3 = 200) der mechanische/elektrische Wirkungsgrad1)
= 0.65 .
Dieser Wert ist sicherlich zu groß, realistische Berechnungen der von NETPOWER geplanten Anlage ergeben Werte in den Nähe von = 0.5. Dies liegt auch daran, dass der Druck P3 nicht minimale Werte erreicht, sondern dieser Druck genügend groß sein soll, so dass das CO2 ohne eine weitere Kompression durch ein Rohrleitungssystem dem Endspeicher (unterirdische Kavernen) zugeführt, oder für die Erschließung bereits aufgegebener Erdöllager verwendet werden kann.

Diese sekundären Ziele verdeutlichen auch den Hauptnachteil: Kraftwerke nach diesem Konzept sollten nur dort errichtet werden, wo sich eine Verwendung für das CO2 ergibt, und nicht dort, wo ein Bedarf nach elektrischer Energie besteht.


1) Dieser berechnete Wert des Wirkungsgrads ist fast gleich zu dem, der sich mit einem Carnot-Prozess bei einem Temperaturhub zwischen 15oC und 550oC erreichen lässt und der den maximal möglichen Wert definiert. Das erweckt Zweifel an der Richtigkeit der angegeben Daten, zumal, wenn man das veröffentlichte Arbeitsdiagramm der Anlage analysiert.