Die Grundlagen





Wir haben gerade die erste Dekade des 21. Jahrhunderts hinter uns und als deren wesentliches Merkmal erscheint uns die Zunahme von globalen Krisen:
  • Die Energiekrise, charakterisiert durch eine ständige Zunahme der mittleren Energiepreise.
  • Die Finanzkrise, verursacht durch eine zu hohe Staatsverschuldung und, damit verbunden, einen Rückgang der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von einzelnen Volkswirtschaften.
  • Die Gesellschaftskrise, welche durch eine stetig anwachsenden Kluft zwischen den Einkommen von Arm und Reich gekennzeichnet ist.
  • Die Umweltkrise, deren Existenz sich an mehreren Entwicklungen erkennen lässt, z.B.
    • der Zunahme der mittleren Erdtemperatur,
    • der Abnahme der Diversifikation,
    • der Abnahme bewirtschaftbarer Landflächen.
Dies sind jedoch nicht voneinander unabhängige Phänomene, sondern sie scheinen einen gemeinsamen Ursprung zu haben:
Die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen auf der Erde, insbesondere der Ressource
 "Billige Energie"
Welche Bedeutung die Energie für alle auf der Erde ablaufende Prozesse hat, das habe ich in meinem Buch Die Zukunft unserer Energieversorgung (ISBN 978-3-8348-0989-6) und der im Internet zugänglichen Ergänzung Energie3 dargestellt, ich werde deren Inhalte hier nicht wiederholen. In diesem Manuskript geht es vielmehr um die oben erwähnten und fundamentalen Krisen, deren Abhängigkeiten von der Ressourcenproblematik nicht so offensichtlich sind und die ich daher in jedem Fall versuchen werde aufzuzeigen.

Am einfachsten und zusammenfassend ausgedrückt, ist das Ressourcenproblem ein Problem der "endlichen Grenzen". Das gilt insbesondere für die Energie, für welche die Erde kein abgeschlossenes System ist (im Gegensatz zu anderen natürlichen Ressourcen, wie z.B. den Bodenschätzen), sondern welche bei ihrer Nutzung eine Wandlung von hochwertigen zu minderwertigen Formen durchläuft und anschließend in den Weltraum abgestrahlt wird. Die Bodenschätze dagegen werden durch ihre Nutzung nur über die Erde verteilt, ein Prozess, der mit genügend verfügbarer Energie zu jeder Zeit umgekehrt werden könnte. Dadurch würde der Ressourcenkreislauf (ohne Verluste) von vorne beginnen können und eine Veränderung der Systemvariablen wäre allein verursacht durch die zunehmende Weltbevölkerung, d.h., jedem Weltbewohner würden immer weniger Bodenschätze zur Verfügung stehen, wenn deren Abbau nicht erhöht werden würde. Dieses ist aber, wegen der nicht vorhandenen Verluste, ein prinzipiell anderes Problem als das Energieproblem.

Dass die Begrenztheit von Ressourcen für das Auftreten von Krisen in den Humangesellschaften verantwortlich sein kann, ist keine neue Erkenntnis. Das bekannteste Beispiel, in dem dieser Zusammenhang untersucht wurde, ist wahrscheinlich der Bericht Die Grenzen des Wachstums, der bereits 1972 vom Club Of Rome herausgegeben wurde. Seitdem haben sich die Informationsmöglichkeiten, besonders durch das Internet, dramatisch verbessert und es lassen sich dort beliebig viele Beiträge zu diesem Thema finden, wenn man nach ihnen sucht. Einer, den ich besonders instruktiv finde, ist das Forum The Oil Drum(in Englisch), in dem die Begrenztheit der fossilen Energieträger eine herausragende Rolle spielt, und welche Konsequenzen sich daraus für die menschliche Gesellschaft ergeben.

Was ich in diesen Beiträgen allerdings oft vermisse, ist eine Darstellung der eindeutigen und verifizierbaren Methodik, welche die Grundlage aller Aussagen sein sollte, sofern diese nicht nur eine Meinung wiedergeben, sondern auch einer kritischen Prüfung standhalten sollen. Denn es genügt eben nicht, Beziehungen zwischen verschiedenen Größen zu konstruieren  und zur Begründung Floskeln wie "naheliegend" oder "einsichtig" zu verwenden. Wenn diese Größen quantitativ angegeben werden können, also messbar sind (was für solche Größen wie Energie oder Wohlstand gilt), dann lässt sich diese Art von Beziehungen auch in mathematischer Form darstellen. Erst diese Form der Darstellung erlaubt die Analyse, welcher Art diese Beziehung wirklich ist und welchen Voraussetzungen und Grenzen sie unterliegt.

Allerdings darf dabei nicht verschwiegen werden, dass die mathematische Formulierung von Beziehungen zwischen verschiedenen Größen i.A. auch immer eine Vereinfachung von Abhängigkeiten bedeutet, welche in der Wirklichkeit sehr komplex sein können und deswegen einen entsprechend komplexen mathematischen Apparat erfordern. Hinter zu viel Mathematik kann sich aber auch das eigentliche Problem verbergen! Um dieser Falle zu entgehen, müssen Abhängigkeiten auf ein überschaubares Maß vereinfacht werden, und zwar so, dass das Wesentliche eines Problems (und das sind die grundlegenden Abhängigkeiten zwischen einer beschränkten Anzahl von System relevanten Variablen) noch dargestellt wird,  eine Darstellung von Details aber verloren geht.  Es ist immer eine Frage, was als Detail zu gelten hat. Aber falls ein Detail wirklich zu bedeutend ist, um vernachlässigt zu werden, dann muss die entsprechende mathematische Formulierung erweitert werden, was i.A. keine unlösbare Aufgabe ist.

Die Forderung, dass ernst zu nehmende Aussagen zu gesellschaftlichen Krisen auch immer die mathematische Analyse ihrer Ursachen und Folgen erfordert, wird von Vielen wahrscheinlich nicht unterstützt. Es ist in der Tat leichter, über ein Problem einen langen Text zu verfassen, als dieses Problem mithilfe von wenigen mathematischen Beziehungen umfassender, und auch eindeutiger zu spezifizieren. Letzteres ist insbesondere dann unumgänglich, wenn es sich um Aussagen über die zukünftige Entwicklung von Krisen handelt, also z.B. um die Fragen, ob eine Krise prinzipiell unvermeidbar ist, oder welche Aktionen notwendig sind, um eine Krise zu beherrschen. Ich bin mir keineswegs sicher, dass ich in jedem Fall eine Antwort finden werde. Schon die Suche nach einer Antwort ist Herausforderung genug. Aber Regierungen, welche ihre Staaten in die Zukunft führen müssen, benötigen Antworten, und diese sind oft, wie z.B. im Fall der USA als augenblicklicher Weltmacht, nicht sehr hoffnungsvoll.